Der Nebel weicht by Poul Anderson

Der Nebel weicht by Poul Anderson

Autor:Poul Anderson [Anderson, Poul]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Moewig 3589
veröffentlicht: 2014-02-10T16:00:00+00:00


12

Corinth seufzte und schob die Arbeit zur Seite. Das Murmeln der abendlichen Stadt drang schwach durch das offene Fenster, das die Oktoberkühle hereinließ. Er fröstelte leicht, nahm sich eine Zigarette und lehnte sich eine Weile rauchend zurück.

Raumschiffe, dachte er träge, draußen in Brookhaven bauen sie das erste Sternenschiff.

Sein Beitrag an dem Projekt bestand in der Berechnung intranuklearer Spannungen unter dem Einfluß des Triebfeldes, eine einigermaßen komplizierte Aufgabe, aber nicht von so überragender Bedeutung, daß die anstehenden Konstruktionsarbeiten nicht fortgesetzt werden konnten, solange er nicht fertig war. Er war gerade heute erst draußen gewesen und hatte sich angesehen, wie die Hülle langsam Gestalt annahm, und der fachlich interessierte Teil seiner selbst hatte eine Art von kühler Bewunderung für ihre perfekte Schönheit empfunden. Jedes Organ des Schiffes, Maschine und Panzerung, Schleusen und Luken, Kontrollen und Sensoren waren Stücke präziser Ingenieurskunst, wie sie die Erde noch nicht gesehen hatte. Er war stolz, an einem solchen Werk teilhaben zu können.

Nur …

Er fluchte leise, drückte die Zigarette in einem überquellenden Aschenbecher aus und stand auf. Es würde einer seiner schlimmen Nächte werden, er brauchte Helga.

Das Institut summte vor Leben, als er durch die vertrauten Gänge schritt. Sie arbeiteten jetzt vierundzwanzig Stunden in Schichten, tausend freigesetzte Geister griffen nach einem Horizont, der sich plötzlich über alle Vorstellungen hinaus erstreckte. Er beneidete die jungen Techniker. Sie waren stark, zielstrebig und ausgeglichen, die Zukunft gehörte ihnen, und sie wußten es. Als Dreiunddreißig jähriger fühlte er sich bereits durch die Jahre aufgefressen.

Helga war zurückgekehrt, um wieder die Direktion zu übernehmen: Auf der neuen Basis erforderte die Aufgabe die gesamte Kraft eines normalen Erwachsenen, und sie hatte sowohl die nötige Erfahrung als auch den Wunsch, die Arbeit zu tun. Corinth dachte, daß sie sich überanstrengte, und ihm wurde schuldbewußt klar, daß es seine Schuld war. Sie ging nie vor ihm, weil er manchmal mit ihr reden mußte. Heute war es wieder einmal soweit.

Er klopfte. „Herein“, drang es aus der Gegensprechanlage, und ihm entging weder das unterschwellige Verlangen in ihrer Stimme noch das Aufleuchten ihrer Augen, als er eintrat.

„Was meinst du, wollen wir etwas essen gehen?“ fragte er.

Sie hob die Brauen, und er erklärte hastig: „Sheila ist heute abend bei Mandelbaums Frau. Sie … Sarah … sie ist gut für Sheila, sie hat die Art von weiblichem gesunden Menschenverstand, den ein Mann nicht haben kann. Ich weiß nicht so recht, was ich mit meiner Zeit anfangen soll …“

„In Ordnung.“ Helga ordnete ihre Papiere und räumte sie weg. Ihr Büro war stets so ordentlich und unpersönlich, als arbeite dort eine Maschine. „Kennst du eine Futterkrippe?“

„Ich gehe in letzter Zeit nicht mehr viel aus.“

„Na, dann versuchen wir es mit Roger’s Café. Ein neuer Nachtclub für den neuen Menschen.“ Sie lächelte leicht säuerlich. „Zumindest haben sie dort genießbares Essen.“

Er ging in den kleinen anschließenden Waschraum und versuchte, sein durcheinandergeratenes Haar und seine Kleidung zu richten. Als er wieder herauskam, war Helga fertig. Er betrachtete sie einen kurzen Moment lang und nahm jedes Detail mit einer Klarheit und Vollständigkeit auf, von der er in den verlorenen Jahren nicht einmal geträumt hatte.



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